Die Geschichte des Gil Blas von Santillana by Lesage Alain-René
Autor:Lesage, Alain-René
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: (Privatkopie)
veröffentlicht: 2010-02-03T05:00:00+00:00
Zweites Kapitel
Was nach seinem Abzug aus dem Schloß von Leyva aus Gil Blas wurde, und von den glücklichen Folgen des schlimmen Ergebnisses seiner Liebe
Ich ritt ein gutes Pferd, das mir gehörte, und ich nahm in meinem Felleisen zweihundert Pistolen mit, deren größerer Teil von den getöteten Banditen und den Samuel Simon gestohlenen Dukaten stammte; denn Don Alphonso hatte mir meinen Anteil nicht abverlangt und die ganze Summe von seinem Gelde wiedererstattet. So sah ich also meinen Besitz als rechtmäßig an und benutzte ihn ohne Bedenken. Abgesehn von dem Zutrauen, das man in jenem Alter stets in sich setzt, verfügte ich über eine Summe, die keine Sorge um die Zukunft aufkommen ließ. Übrigens bot mir Toledo eine angenehme Zuflucht. Ich zweifelte nicht, daß der Graf von Polan sich ein Vergnügen daraus machen würde, einen seiner Befreier aufzunehmen und ihm in seinem Hause Unterkunft zu bieten. Aber ich sah diesen Edelmann nur als einen Notbehelf an, und ich beschloß, ehe ich mich an ihn wendete, einen Teil meines Geldes auf Reisen in den Königreichen Murcia und Granada auszugeben. Ich schlug also die Straße nach Almansa ein, von wo aus ich von Stadt zu Stadt weiterreiste, bis ich schließlich nach Granada kam. Kein schlimmes Abenteuer stieß mir zu. Es war, als wollte das Schicksal mir nach so viel argen Streichen Ruhe gönnen. Aber es ist verräterisch, und wie man in der Folge sehen wird, hielt es noch manche andre für mich bereit.
Einer der ersten Menschen, denen ich in Granadas Straßen begegnete, war der Herr Don Fernando de Leyva, wie Don Alphonso des Grafen von Polan Schwiegersohn. Wir waren beide gleich erstaunt über diese Begegnung. Wie! Gil Blas, rief er aus, Ihr in dieser Stadt? Was führt Euch her? Gnädiger Herr, sagte ich, wenn Ihr erstaunt seid, mich hier zu sehn, so werdet Ihr es noch mehr sein, wenn Ihr erfahrt, weshalb ich den Dienst Don Cesars und seines Sohnes verlassen habe. Und ich erzählte ihm alles, was zwischen Sephora und mir vorgefallen war. Er lachte aus vollem Halse darüber; dann wurde er wieder ernst und sagte: Mein Freund, ich biete Euch meine Vermittlung in dieser Sache an. Ich werde an meine Schwägerin schreiben ... Nein, nein, gnädiger Herr, unterbrach ich, schreibt ihr nicht, ich bitte Euch. Ich habe das Schloß von Leyva nicht verlassen, um dorthin zurückzukehren. Macht, wenn Ihr wollt, einen andern Gebrauch von Eurer Güte. Wenn einer Eurer Freunde einen Sekretär oder einen Verwalter braucht, so beschwöre ich Euch, sprecht zu meinen Gunsten mit ihm. Ich wage Euch zu versichern, daß er Euch nicht vorwerfen soll, Ihr hättet ihm ein schlechtes Subjekt empfohlen. Gern, sagte er; ich werde tun, was Ihr wünscht. Ich bin nach Granada gekommen, um eine alte kranke Tante zu besuchen; ich bleibe noch drei Wochen hier, um dann nach Lorqui, auf mein Schloß, zu gehn, wo ich Julia gelassen habe. Ich wohne in diesem Hause, fuhr er fort, indem er mir ein Gebäude hundert Meter vor uns zeigte. Sucht mich in einigen Tagen auf; vielleicht habe ich dann eine passende Stelle für Euch ausfindig gemacht.
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